„Das Schöne am modularen Bauen ist seine Vielfältigkeit“
Modulares Bauen erfreut sich seit Jahren einer steigenden Beliebtheit, insbesondere bei Gewerbeimmobilien, Bildungsbauten sowie Mikro- und Studentenwohnungen. Seit Beginn der Corona-Pandemie nimmt dieser Trend weiter Fahrt auf. Architekt Ralf Droste, Leiter Planung bei Algeco, erläutert im folgenden Interview die Gründe für diesen Boom und beschreibt seine Vision vom modularen Bauen.
Weshalb gewinnt das modulare Bauen in jüngster Zeit weiter an Attraktivität? Was macht diese Bauweise so interessant?
Hier treffen zwei aktuelle Trends aufeinander, die dem Modulbau eine ungemeine Dynamik verleihen.
Einerseits zeigt die Corona-Pandemie, wie notwendig flexible, adaptive Gebäude sind. Büros wurden von heute auf morgen nur noch sporadisch genutzt, dafür wuchs der Bedarf an zusätzlichen Arbeitsmöglichkeiten zu Hause. Viele Wohnungen sind aber einfach nicht für Homeoffice ausgelegt. Ich habe das selbst feststellen müssen. Die im modularen Bauen verwendeten Stahlrahmen-Raumzellen haben den Vorteil, dass sie keine tragenden Wände benötigen, dadurch können Besitzer oder Nutzer leicht Grundrissänderungen vornehmen.
Der andere Trend ist die aktuelle Baustoffknappheit. Selbst Sand, der zur Betonherstellung benötigt wird, ist mittlerweile knapp. Die Stahlpreise haben sich zwar jüngst auch erhöht, aber Stahl hat den Vorteil, dass er wiederverwendet werden kann – idealerweise als komplette Raumzelle oder auch durch Wiedereinschmelzen. So etwas kann den CO2-Fußabdruck eines Gebäudes massiv reduzieren. Das ist auch wichtig, damit wir unsere Klimaziele erreichen. Gerade wenn man bedenkt, wie groß der Einfluss des Bauens in dieser Hinsicht ist.
Was fasziniert Sie persönlich am modularen Bauen?
Ich finde es immer wieder spannend zu sehen, wie schnell ein „veredelter Rohbau“ am vorgesehenen Standort in Modulbauweise steht. Häufig beginnt schon am zweiten Tag der Innenausbau. Aber auch der verläuft deutlich schneller, da es in der Regel keine Trocknungszeiten für Innenputz oder Estrich gibt.
Die Planungsphase dauert zwar ähnlich lange wie beim konventionellen Bauen, weil dieselben Genehmigungsprozesse durchlaufen werden müssen, aber die reine Bauzeit vor Ort ist bis zu zwei Drittel schneller. Dieser zeitliche Vorsprung kann beispielsweise auch beim Wiederaufbau von Strukturen in den Hochwasserschadensgebieten sehr hilfreich sein.
Angenommen, Sie hätten freie Wahl bei der Planung eines Modulbaus. Wofür würden Sie sich entscheiden?
Das Schöne am modularen Bauen ist seine Vielfältigkeit. Wir haben praktisch alle Gebäudearten auf dem Tisch. Besonders reizvoll finde ich es, wenn bestehende Gebäude anders genutzt werden, Flüchtlingsunterkünfte zum Beispiel zu Studentenwohnungen werden. Im Fachverband Vorgefertigte Raumsysteme hatten wir kürzlich einen Studentenwettbewerb ausgelobt, der die Planung eines Hotels mit anschließender Nachnutzung als Wohngebäude zum Thema hatte. Hier kann der Modulbau seine Vorteile ausspielen.
Wie sieht Ihre Vision vom modularen Bauen in 50 Jahren aus?
Es ist natürlich ambitioniert, 50 Jahre in die Zukunft zu schauen. Aber ich könnte mir vorstellen, dass 2070 das modulare Bauen als Standardbauweise etabliert ist und nur noch Spezialimmobilien wie Hochhäuser als Hybridbauwerke errichtet werden. Der Weg dahin bleibt spannend!
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